Die Pionier:innen der Schweizer Hafermilch

Urs Marti und Leandra Brusa sind Pionier:innen der Schweizer Hafermilch. Die beiden erzählen, wieso sie schon früh auf die Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln umgestiegen sind und welche Herausforderungen sich ihnen heute stellen. Mit ihrem Beispiel wollen sie aufzeigen, dass die Schweizer Landwirtschaft klimafreundlicher und unabhängiger sein kann. Deshalb haben sich die beiden für den Prix Climat beworben, einer Preisverleihung der Klima-Allianz für innovative und klimafreundliche Landwirt:innen.  

Urs Marti ist auf dem Biohof Hübeli im Berner Seeland gross geworden. Früher betrieben seine Eltern Ackerbau, nutzten die Kühe für die Fleisch- und Milchproduktion. Seit der Übernahme des Hofes von Urs’ Eltern hat sich einiges geändert. Statt Fleisch produzieren Urs Marti und Leandra Brusa nun Linsen. Statt an Tiere zu verfüttern, verarbeiten sie ihren Mais weiter zu Polenta. Bekannt geworden ist ihr Hof aber durch ihre eigene Hafermilch. «Schon lange trinken wir gerne und oft Hafermilch. Da es aber unmöglich war unser Lieblingsgetränk aus Schweizer Hafer zu finden, haben wir uns entschieden, das selbst in die Hand zu nehmen», erklärt der ehemalige Primarlehrer Urs. 

Urs und Leandra sind mit diesem Ansatz zu Pionier:innen der Schweizer Landwirtschaft geworden – einem Sektor der mit 14 % (vgl. BAFU) für einen substantiellen Teil der Schweizer Treibhausgasemission verantwortlich ist. Die Landwirtschaft ist damit nach Verkehr, Industrie und Haushalten die viertgrösste Verursacherin von Treibhausgasen. Knapp die Hälfte der Treibhauswirkung macht das Methan (CH4) aus der Nutztierhaltung aus, ein Drittel der Wirkung fällt auf das Lachgas (N2O), das den landwirtschaftlichen Böden und bei der Hofdüngerlagerung entweicht. Der Rest entfällt auf Kohlendioxid (CO2), das unter anderem aus den Böden entweicht (Humusabbau) und bei der Kunstdüngerproduktion ensteht. 

Auch deshalb  haben sich Urs und Leandra für die Produktion von pflanzlichen Nahrungsmitteln entschieden.  «Hafermilch ist die nachhaltigste Alternative zu Kuhmilch auf unseren Breitengraden» erklären die beiden. Wenn die Landwirtschaft der steigenden Nachfrage nach pflanzenbasierten Proteinen entgegenkommt, kann sie massgeblich zur Senkung des CO2-Austosses beitragen und zugleich den Selbstversorgungsgrad der Schweiz auf bis zu 80 Prozent steigern (vgl. WWF). 

Aber nicht nur ihre eigene Vorliebe und ihre Verbindung zur Natur haben Leandra und Urs zu einer Umstellung bewegt: «Hafer wächst hier sehr gut, ist sehr robust und braucht nicht viel Dünger. Zudem passt Hafer ideal in die Fruchtfolge: in drei aufeinander folgenden Jahren kann ich Speisehafer aussäen», erklärt Landwirt Urs. 

Dass sie mit ihrem Ansatz den Nerv der Zeit getroffen haben, stellt die beiden vor logistische Probleme. Zwar werden immer noch 70% des Schweizerischen Landwirtschaftsfläche für Futtermittel verwendet. Doch die Nachfrage nach mehr pflanzlichen Alternativen zu Milch- und Fleischprodukten sei schon seit längerem da – nur das entsprechende Produkt habe gefehlt. Da Urs und Leandra für 250 Liter Hafermilch zwei ganze Tage beschäftigt sind, ist es ihnen momentan nicht möglich, all die Läden zu beliefern, die ihr Produkt anbieten möchten. Dass nun auch grosse Produzenten Schweizer Hafermilch auf den Markt bringen, ist für die beiden eine zusätzliche Herausforderung. «Unser primäres Ziel für die Zukunft, ist dass wir uns auf dem Schweizer Haferdrink-Markt halten können. Da wir mengenmässig nie mit Grosskonzernen mithalten können, fokussieren wir uns auf unsere Stärke – den ökologischen Aspekt. Neben dem Grundrezept haben wir nun auch einen Barista Haferdrink kreiert, da dies dem Bedürfnis vieler Kunden entspricht», erzählt die gelernte Polygrafin Leandra, die für die Rezeptur der Hafermilch zuständig ist.

Neben Urs und Leandra präsentieren 5 weitere Finalist:innen ihre Ansätze im Rahmen des Prix Climat. Wer mit seinem/ihrem innovativen Ansatz am meisten überzeugt, zeigt sich im März 2022: Dann nämlich kürt die ganze Schweiz mittels Online Voting und eine Fachjury an einer Preisverleihung den/die Gewinner:in mit dem Prix Climat.

Urs und Leandra arbeiten indes weiter an ihrer Vision einer klimafreundlichen Landwirtschaft. Momentan fahren auf dem Biohof Hübeli noch Diesel-Traktoren. Ihr Ziel ist aber von den fossilen Brennstoffen wegzukommen. Ein Umbau des Traktors, damit dieser elektrisch betrieben werden kann, sei aber momentan noch zu teuer, verkündet Urs schliesslich.