Das Portrait von Modeste Traoré: «Meine Kinder werden keine Fischer mehr sein»

Die Klimakrise hat im globalen Süden vielerorts dramatische Folgen. Modeste Traoré aus dem westafrikanischen Mali ist Fischer von Beruf. Doch das Wasser im Wegnia-See ist so niedrig, dass seine Familie schon lange nicht mehr vom Fischfang leben kann. Sie setzen auf Landwirtschaft und hoffen von Regen zu Regen, dass die Ernte nicht vertrocknet.  

Bereits sein Vater war Fischer. Damals war die Umgebung von Wegnia bekannt für seine Vogelvielfalt, die üppige Vegetation und die ertragreiche Landwirtschaft. Doch die Niederschläge werden seit Jahren immer unberechenbarer und die Temperaturen steigen kontinuierlich. Heftige Gewitter schwemmen tote Bäume und Erde in den See, der sich über Nacht füllen, aber auch genauso schnell wieder austrocknen kann. «Selbst wenn viel Regen auf einmal fällt, habe ich wenig Hoffnung, denn die nächste Durststrecke kommt bestimmt», erzählt Modeste Traoré. Er besitzt am Seeufer ein paar Mangobäume und Bananenstauden und produziert Sorghum, etwas Mais und Erdnüsse für den Verkauf. In der Nebensaison bauen die Frauen Tomaten, Peperoni und verschiedene Salatsorten an. Seit 2017 sieht sich Modeste immer wieder gezwungen, Vieh zu verkaufen, weil das Einkommen nicht ausreicht. 

Wassermangel und Schädlingsbefall machen in Wegnia aus jeder Erntesaison ein Lotteriespiel. Bereits Mitte 2018 hatten viele Familien aus der Region keine Lebensmittelvorräte mehr. Viele junge Leute arbeiten im Winter in einer der zahlreichen illegalen Goldminen im Westen von Mali oder suchen in der Hauptstadt Bamako Arbeit. 

Die Regionen im Globalen Süden sind viel stärker als westliche Länder betroffen von der Klimakrise, obwohl sie für einen Bruchteil der schädlichen Treibhausgase verantwortlich sind. Gerade in tropischen oder ariden Zonen, die bereits von Natur aus klimatologische Herausforderungen an die Länder und Gesellschaft stellen, wirken sich auch kleinste Veränderungen dramatisch auf die Ernährungs- und Lebensgrundlage der Bevölkerung aus. Eine Verschiebung von Trocken- und Regenzeiten, die Begünstigung von Schädlingsplagen oder unberechenbare Unwetter vernichten immer häufiger ganze Jahresernten und fordern zunehmend Menschenleben. 

Modeste Traoré lebt schon seit seiner Geburt in Wegnia. Es macht ihn traurig zu sehen, wie die Natur komplett aus dem Gleichgewicht geraten ist. Und er ist verzweifelt darüber, wie sehr die Lebensgrundlage bereits zerstört ist. «Ich lebe mit meiner Familie, meinen beiden Brüdern und ihren Familien auf einem Hof und weiss oft nicht, wie ich die 14 Kinder ernähren soll.»

Millionen von Menschen geht es wie Modeste Traoré. Viele Entwicklungsländer sehen sich einer finanziellen Dreifachbelastung gegenüber: Die Staatsaufgaben umfassten bisher primär die soziale und wirtschaftliche Dimension. Neu müssen Entwicklungsländer aber zunehmend in den Schutz ihrer Bevölkerungen und Infrastrukturen investieren, um die zunehmenden Auswirkungen der Klimaveränderung abzuwenden. Darüber hinaus haben sie sich im Pariser Klimaübereinkommen von 2015 dazu verpflichtet, ihre Entwicklung künftig emissionsfrei zu gestalten und die Dekarbonisierung ihrer Industrie und Gesellschaft voranzutreiben. 

Um die klimabedingten Mehrkosten zu decken, haben sich die wohlhabenden Staaten 2015 in Paris darauf geeinigt, den Entwicklungsländern im Sinne des Verursacherprinzips gemeinsam mindestens 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr zur Verfügung zu stellen. Diese internationale Klimafinanzierung soll sowohl zur Verminderung von Emissionen, als auch für Anpassungsmassnahmen zum Schutz der Bevölkerung und deren Lebensgrundlage vor den Klimaveränderungen eingesetzt werden. 

Das CO2-Gesetz sieht erstmals einen Klimafonds vor, aus dem unter anderem auch internationale Klimaschutz-Aufgaben finanziert werden können. Dies entlastet das ohnehin schon klima-strapazierte Entwicklungsbudget und ermöglicht es der Schweiz, einen ihrer anteilmässigen Verantwortung entsprechenden Beitrag an die internationale Klimafinanzierung zu leisten. 

Autorenangabe: Klima-Allianz Schweiz / Caritas Schweiz