Kanton Zürich verlangt aktive Klimapolitik von der SNB
Diese Woche gelangte das Postulat “Verpflichtung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu einer aktiven Klimapolitik im Sinne des Pariser Klimaabkommens” aus dem Jahr 2020 auf die Agenda des Zürcher Kantonsparlaments und wurde mit knapper Mehrheit angenommen und an den Regierungsrat überwiesen. Der Kanton Zürich ist mit rund 5% der drittgrösste Aktionär der SNB und sendet mit der Überweisung des Postulats eine starkes Signal an die Nationalbank, dass sie im Rahmen ihres Mandats der Geld- und Währungspolitik eine aktive Klimapolitik betreiben muss.
Beat Bloch, Kantonsrat der CSP und Erstunterzeichner des Postulats brachte es auf den Punkt: “Wir haben das Postulat vor mehr als zwei Jahren eingereicht. Leider ist es aktueller denn je.” Einen Tag zuvor entschied das Zürcher Stimmvolk zudem mit einer klaren Mehrheit von 67,12 %, dass der Klimaschutz als eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit in der Zürcher Kantonsverfassung verankert werden muss. Der geplante neue Verfassungsartikel definiert das Ziel der Treibhausgasneutralität und erteilt dem Kanton und den Gemeinden verbindlich den Auftrag, sich für die Begrenzung der Klimaerhitzung und seiner Auswirkungen einzusetzen. Auch daraus leitet sich eine Verpflichtung für Zürich ab, sich als SNB Aktionär aktiv dafür einzusetzen, dass diese ihre Verantwortung bezüglich Klimaschutz nicht weiter von sich weist. Auch weitere Kantone haben inzwischen den Klimaschutz in ihrer Verfassung verankert. Jüngstes Beispiel neben Zürich ist das Resultat der Abstimmung der Landsgemeinde des Kantons Glarus am 1. Mai.
Das Thema SNB und ihre Klima- und Biodiversitätsschutzverantwortung im Rahmen ihrer Geld-und Anlagepolitik wird in immer mehr Kantonsparlamenten debattiert oder kommt auf die Agenden. Beispielsweise in den die Westschweizer Kantonen Fribourg, Genf, Jura, Neuchâtel, Waadt und Wallis wie auch Basel-Stadt, Schaffhausen, Uri.
SNB verstösst gegen das Pariser Klimaschutzabkommen
In der Züricher Debatte betonte Beat Bloch “Die SNB hat sich bis jetzt nicht dazu geäussert, wie sie mit Investitionen umgehen will, die den Klimawandel beschleunigen. Damit verstösst unsere Nationalbank gegen das Pariser Klimaschutzabkommen, das die Schweiz ratifiziert hat, und in dem sich die Schweiz verpflichtet hat, die Finanzströme so zu lenken, dass sie den Klimawandel nicht anheizen. Es ist ganz einfach – die Schweiz hat internationale Abkommen abgeschlossen und sich verpflichtet, sich mit all ihren Institutionen an diese Abkommen zu halten. Deshalb ist es ist nichts anderes als unsere Pflicht, diese Institutionen auf allen Wegen darauf hinzuweisen.”
Die Gegner:innen des Postulats wiederum argumentieren weniger gegen das Klimaschutz Anliegen an sich, sondern damit, dass das Anliegen an der falschen Stelle eingereicht wird und dass sich die Kantone nicht in SNB Angelegenheiten einzumischen haben. Die Unabhängigkeit der SNB von der Politik sei wichtig, sonst kann sie ihren Auftrag nicht erfüllen.
Klima- und Biodiversitätsschutz gehören ins Mandat der SNB
Während Entscheidungsträger:innen der SNB damit argumentieren, dass das Anpacken der Klima- und Biodiversitätskrise nicht unter das Mandat der Nationalbank fällt, sondern über politische Vorstösse und Gesetzesänderungen angepackt werden muss, argumentieren manche Politiker:innen, dass die SNB in Ruhe gelassen werden sollte, um ihre Unabhängigkeit nicht zu beeinträchtigen. So oder so widersprechen die fehlenden Klimamassnahmen der SNB jedoch bereits heute ihrem Mandat. Die Sicherung der Preis- und Finanzstabilität gehören zu den wichtigsten Aufgaben der SNB. Da die Klimakrise und der Biodiversitätsverlust wichtige Faktoren für Preis- und Finanzstabilität sind, gehört das Berücksichtigen der Klima- und der Biodiversitätskrise zum bestehenden Mandat der Zentralbanken und der Finanzregulierungs- und -aufsichtsbehörden. So ist gemeinhin anerkannt, dass Klimarisiken auch Finanzrisiken sind. Die Unabhängigkeit mag zwar Freiheit von der Einmischung in die geldpolitischen Alltagsgeschäfte der SNB und von politischen Interventionen vor Wahlen bedeuten, aber sie sollte nicht heissen, dass die SNB dieKlima- und Biodiversitätskrise ignorieren und mit ihren Investitionen sogar aktiv zu deren Fortbestand beitragen darf. Da es jedoch weiterhin am Willen der SNB Entscheidungsträger:innen fehlt, von sich aus tätig zu werden, bleibt nichts anderes übrig, als über die Kantone und das nationale Parlament zu gehen.
Teilrevision des Nationalbankengesetzes für mehr Klimaschutz
Laut FDP Vertreter Christian Schucan und SVP Regierungsrat Ernst Stocker (der sein SNB Bankrat Mandat diesen Frühling beendet hat) sollte der Mut im nationalen Parlament gefasst und das Klimaschutz-Anliegen über Anpassungen in gesetzlichen Grundlagen wie dem Nationalbankgesetz durchgebracht werden. Auf jeden Fall braucht es diesen Mut im nationalen Parlament. Dass die Kantone sich nicht einmischen sollten, hat jedoch nicht einmal das Nationalbankgesetz vorgesehen, im Gegenteil. Sie können als Aktionäre gemäss Art. 26 lit. f NGB mittels Generalversammlung beim Bundesrat zu Handen der Bundesversammlung die Änderung des Nationalbank-Gesetzes beantragen. Die dringende Änderung wäre, dass ein sozial verträglicher Klima- und Biodiversitätsschutz im Gesamtinteresse des Landes explizit in das Mandat der SNB zur Geld- und Währungspolitik Eingang findet. Die Kantone halten zusammen mit den Kantonalbanken sowie anderen öffentlich-rechtliche Körperschaften/Anstalten rund die Hälfte der SNB Aktien. Gerade Kantone mit Klimaschutz in der Verfassung müssen nun ihre Rolle als SNB Aktionäre ernst nehmen und die notwendigen Massnahmen von der SNB einfordern.