Pensionskassen-Klimareport 2024, Teil 1 – Fortschritte bei den Fortgeschrittenen

Einführung

Mit diesem Klimareport in drei Teilen zeigt die Klima-Allianz die Ergebnisse ihrer Bestrebungen auf, mit dem Klima-Rating Bewegung bei den Pensionskassen in Richtung Netto-Null finanzierte CO2-Emissionen weit vor 2050 mit ihren Finanzanlagen zu erwirken und somit zur Erreichung des Ziels des Pariser Klimaabkommens beizutragen, die Klimaerhitzung auf 1.5°C zu begrenzen.

Wir beginnen in diesem Teil 1 mit den Good News über die Zunahme des Investitionsvolumens im Bereich der Finanzanlagen, das wir als nachhaltig und klimaverträglich anerkennen. Hier lesen Sie ebenfalls unsere Erwartungen, welche neuen, zukunftsorienterten Zielstellungen für nachhaltige Investitionen angezeigt wären. Der später nachfolgende Klimareport Teil 2 wird über den Noch-Stillstand der Unbewegten berichten – wir nennen sie erwartungsvoll “ESG Beginners”, die mit der vertieften Integration der ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) erst am Anfang stehen. Schliesslich informieren im Teil 3, warum die Hoffnung wenig realistisch ist, dass sich die träge Masse der Un- und Wenig-Bewegten von selbst bewegt. Dass es deshalb nicht gehen wird ohne unterstützende Regulierungen und verpflichtende Branchenstandards für einen 1.5°C-Klimapfad und mit Orientierung an den UN Sustainable Development Goals.

Die Good News

In den letzten zwei Jahren haben sich mehr Pensionskassen auf den Weg der Dekarbonisierung ihrer Wertschriftenanlagen begeben. Gut ein Drittel der Altersgelder sind in “HELLGRÜN”. Wir können feststellen, dass sie via Umstellungen auf wahrhaft nachhaltige Anlagelösungen mit ihren Finanzanlagen – Aktien, Obligationen, Alternative Anlagen – auf einem Pfad sind, der nach heutigem Stand als in Linie mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens eingestuft werden kann – max. 1.5°C bis 2050.

Doch nur 1% des Anlagevolumens aller Altersgelder wird in Wirtschaftsaktivitäten mit positiver Wirkung auf Gesellschaft, Umwelt und Klima oder mit guter Aussicht dazu investiert. Die Visionäre in “GRÜN” sind die Zukunft, um die Begrenzung auf 1.5°C zu schaffen. Wenn alle unsere Vorsorgegelder die Lösungen für eine fossilfreie, menschengerechte und inklusive Wirtschaft unterstützen würden, im Sinne von “Environmental, Social, Governance (ESG) at its best” mit optimaler Ausrichtung an den UN Sustainable Development Goals, dann gelingt auch die Richtungsänderung weg von Mainstream-Klimapfaden zu tendenziell 3°C oder mehr hin zum “Paris 1.5°C-Alignment” mit Netto-Null Ziel möglichst 2040.

Und das sind unsere Empfehlungen: mit dieser Vision vor Augen wären Erträge von jenen Wirtschaftssektoren zu suchen, welche nicht die Treiber der Klimaerhitzung sind, sondern die sich der Lösungen für die Netto-Null Wirtschaft und für die Klimagerechtigkeit annehmen. Mit ihrer zweiten Handlungsachse, der Einflussnahme auf Firmen, die investierbar bleiben, sich aber verbessern müssen, erhöhen die Pioniere ihre Wirkung auf die Realwirtschaft. Sie schliessen sich dabei zu Investoren-Verbünden zusammen – nachweislich wirksam ist etwa der Ethos Engagement Pool International mit seiner Arbeit im Rahmen des globalen Investorenverbunds Climate Action 100+. Dieser will sicherstellen, dass die grössten Verursacher von Treibhausgasen die notwendigen Maßnahmen zur Begrenzung der Klimaerhitzung auf 1.5°C ergreifen und sich zu einem Dekarbonisierungspfad hin zu Netto-Null verpflichten. Schliesslich fördern die Nachhaltigkeitsvisionäre sehr stark auch das “Impact Generating Investing” mit Volumenanteilen an den Aktiven weit über 5%. Dieses erzielt besonders hohe positive Wirkung bei der Förderung von Wirtschaftsaktivitäten und Unternehmen mit hohem Nachhaltigkeitspotenzial, die aber unterfinanziert und unterversorgt sind im Lichte der Wahrnehmung und Einbindung in Wirtschaft, Finanzwirtschaft, Investorennetzwerke. Das Investoren-Engagement stärkt sie auch innerhalb von Öffentlichkeit, Politik, Forschungs- und Entwicklungsnetzwerken. Besonderer Förderung im Lichte der UN Sustainable Development Goals bedürfen die unterversorgten nachhaltigen Unternehmen und Wirtschaftsaktivitäten des globalen Südens, der Frontier- und der Emerging Markets.

Gold-Standard liegt vor: Roadmap der Net Zero Asset Owners Alliance

Ein zeitnah umsetzbarer Schritt als Vorstufe zur geschilderten visionären, gesamtheitlichen  Investitionspolitik ist die Orientierung am globalen Muster des Target Setting Protocols der Net Zero Asset Owners Alliance (NZAOA), die führende Vereinigung globaler Versicherungen und Pensionskassen. Die NZAOA Roadmap beruht im Wesentlichen auf den im Falle der Visionäre bereits vorgestellten drei Handlungsachsen:

  • Direkte Portfoliodekarbonisierung
  • Reduktion der finanzierten Emissionen in der Realwirtschaft via Aktionärseinflussnahme
  • Gezielte Investitionen in die Klimalösungen.

Bis 2030 soll die Dekarbonisierungsleistung im Vergleich zu 2020 50%, besser noch 60% betragen, um zumindest das aktuelle Mindestziel Netto-Null spätestens 2050 sicher zu erreichen. In der gebotenen Tiefe und Intensität umgesetzt werden diese Handlungsachsen nur durch die Visionäre in “GRÜN”. Wie erwähnt geschieht dies zudem mit optimaler Ausrichtung an den UN Sustainable Development Goals.

Im Feld der Vorsorgeeinrichtungen in “HELLGRÜN” beobachten wir viele zukunftsorientierte Ansätze, die meist zwei der Handlungsachsen der NZAOA umsetzen: Umstellungen im Portfolio und wirksame Active Ownership, Umstellungen im Portfolio und Impact Investing in die Lösungen, oder auch ein Vorgehen auf allen drei Pfaden, aber noch mit schwacher Intensität.

Bislang konnten wir noch keine “HELLGRÜNE” Vorsorgeeinrichtung ausfindig machen, die wir mit “Potenzial zu GRÜN” einstufen könnten.

Empfehlungen der Klima-Allianz für weitere Schritte

Unsere Sammlung mit empfohlenen weiteren Schritten hin zum “Potenzial zu GRÜN” – ist in den Kriterien für “GRÜN” zu finden. Die zentralen Punkte:

  • Es werden Unternehmen mit eingebautem, Paris-1.5°C-kompatiblem Netto-Null-Dekarbonisierungspfad selektioniert oder je nach Mass des Alignments unter-/übergewichtet. Die Portfolien können auch nach einem strengen Best-in-class Ansatz mit Ausschluss der Worst-in-Class Titel – oder mit Best-in-class Tilt (Über-/Untergewichtung) – konstruiert sein; noch besser ist das Best-in-Service Prinzip von Inrate, das implizit auch das 1.5°C-Paris-Alignment sichert.
  • Das Wertschriftenvermögen wird zudem in wesentlicher Korrelation zu den meisten relevanten UN Sustainable Development Goals in Sektoren – und innerhalb der Sektoren in Unternehmen – angelegt, die ökologisch nachhaltig sowie sozial und ethisch vertretbar sind.
  • Dies erfordert eine Strategie der einschneidenden progressiven Reduktion der investierbaren Titel oder ein gleichwertiger, massiver Eingriff mittels Unter- und Übergewichtungen, welche die Exposition im Masse des “Misalignments” der Firmen mit ihren Aktivitäten und Lieferketten zum Paris-1.5°C Ziel, zum Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework und zu den relevanten UN Sustainable Development Goals senken.
  • Ein gewichtiger Indikator für das “Misalignment” ist die Geschwindigkeit der Umpolung der Business-Modelle der Unternehmen als Folge des Engagements der Asset Owners, wie die “Response” der Zielfirmen der Climate Action 100+ und der Nature Action 100, sowie die Glaubwürdigkeit des Dekarbonisierungspfades (1.5°C-Alignment) im Rahmen der Teilnahme an der Science Based Targets Initiative.
  • Damit wird nicht nur ein Reduktionspfad für Unternehmen festgelegt, die keinen 1.5°C-kompatiblen Absenkpfad ihrer hohen CO2eq-Intensität und absoluten Emissionen (umfassend den direkten Treibhausgasaustoss Scope 1 und den Energiebezug Scope 2) vorweisen, sondern insbesondere auch denjenigen Unternehmen mit einer Lieferkette (Rohstoffe und Produkte) die besonders hohe Emissionen des Scope 3 upstream und downstream verursacht.
  • Grundsätzlich besteht ein Pfad der entschiedenen Reduktion der Zahl der Firmen, die keine oder keine glaubwürdigen Ziele im Wirkbereich der Science Based Targets Initiative ausweisen. Dasselbe gilt für die Firmen der Zielsektoren der Nature Action 100 wie Produktion und Verkauf von Fleisch und Milchprodukten, Forstwirtschaft und Papier, Chemie und Agrarchemie, Metallen und Bergbau, deren Aktivitäten sich nicht gemäss den Erwartungen zum Schutz und Wiederherstellung von Natur und Ökosystemen zum Positiven verändern.
  • Nicht nur die Aktien und Unternehmensobligationen, sondern auch die Staatsobligationen und die Alternativen Anlagen (Private Equity, Private Debt, Infrastruktur, Rohstoffe, Gold, Hedge Funds, andere) sind auf einem Pfad zur Konformität mit diesen strengen Nachhaltigkeitskriterien angelegt; für alle diese traditionellen und alternativen Anlageklassen besteht ein Pfad hin zum “Paris-1.5°C-Alignment”, entsprechend dem Ziel, eine nachgewiesene oder (bei Anlagevolumen < 1 Mia. CHF) evidente “Implied Temperature Rise” von max. 1.5°C erreichen zu wollen.
  • Auf der Achse des Investor’s Engagement (“Active Ownership“) ist die Pensionskasse – bei Anlagevolumina > 1 Mia. CHF – auch maximiert in Linie mit den aktuell fortgeschrittensten Bestimmungen des Target Setting Protocol der UN convened Net Zero Asset Owners Alliance. Sie ist als Asset Owner vorzugsweise einer bestehenden Vereinigung oder einem Dienstleister direkt angeschlossen. Idealerweise setzt sie – insbesondere für Wertschriften Ausland – zudem grösstenteils Asset Manager mit  nachgewiesenermassen wirksamem Engagement, und maximiert damit die Wirkung ihrer Einflussnahme.
  • Tätigkeiten und Institutionen mit positiver, realwirtschaflicher Wirkung auf Gesellschaft, Umwelt, Biodiversität und Klima werden bevorzugt: im Bereich erneuerbare Energien, ökologische Land- und Forstwirtschaft, ökologisches Bauen, Errichtung und Unterhalt von Infrastruktur, die für eine ökologisch nachhaltige Lebensweise notwendig ist, Dienstleistungen der Gesundheit und des täglichen Bedarfs im Rahmen des ökologisch Vertretbaren, Klimagerechtigkeit, Klimaanpassung im globalen Süden, Mikrofinanz im Rahmen der Sustainable Development Goals.
  • Der Anteil des “Sustainable and Green Impact Generating Investing” gemessen an den besten verfügbaren Weltstandards beträgt mindestens 6% der Aktiven. Leitlinie sind die “Five Dimensions of Impact” des Impact Management Project, auf Impact Frontiers. Diese wurden durch das Global Impact Investing Network (GIIN) weitgehend implementiert und mit dessen IRIS+Taxonomie der infrage kommenden positiven Aktivitäten ergänzt.

Damit schliessen wir die Good News ab. Lesen Sie im Teil 2 über die Aktivitäten der Klima-Allianz, die daraufhin zielen, Bewegung in den den Noch-Stillstand der Unbewegten und Intransparenten zu bringen.

Autor: Sandro Leuenberger, sandro.leuenberger@klima-allianz.ch